Celebrating_snowfall

Takedera Mon Amour: Diary of a Bamboo Connection
Philippinen/Japan 1991, 60 min, Farbe

"When an irresistible force like 4 year old Haru-Hito (Spring Being)... meets an irrepressible cineaste like 45 year old Kidlat Tahimik (Quiet Lightening)... in an irreplaceable place like 450 year old Take Dera (Bamboo Temple)... some things cosmic (and comic) gotta give." – aus einer Ankündigung des Films

Dieser „Bambus-Film“ – wie er in den Credits genannt wird – handelt vor allem von dem natürlichen und in Asien traditionell häufig genutzten Werkstoff Bambus, mit dessen Hilfe Kidlat Tahimik eine kulturell-metaphorische Brücke zwischen den Philippinen und Japan aufschlägt – ähnlich dem Lendenschurz, der in Japanese Summers of a Filipino Fundoshi mit vergleichbaren Zielen eingesetzt wird.

Die Bezeichnung „Bambus-Film“ verweist aber auch auf die filmische Methode Kidlat Tahimiks, die auf eine Alternative zum Mainstream-Kino abzielt, welche einerseits genuin asiatisch, andererseits an den Produktionsbedingungen der Dritten Welt orientiert ist. Die „stille Kraft des Bambus“ – eine Formulierung, die auch schon in The Perfumed Nightmare auftaucht – hat Parallelen zu Tahimiks organisch wachsenden, gleichzeitig flexibel produzierten, aber doch langlebigen und nachhaltigen Filmen.

Die „Bambus-Kamera“ (eine aus Fischködern, Untersetzern und anderen zweckentfremdeten Bambus-Elementen zusammengesetzte Kameraattrappe), die für Kidlat Tahimik in den kommenden Jahren ein ständiger Begleiter bei öffentlichen Auftritten und als Element von Installationen werden sollte, taucht in diesem Film zum ersten Mal auf. Auch die Kombination von 16mm-Material und analogen Video-Aufnahmen, die in den Filmen der kommenden Jahre den visuellen Stil prägt, wird hier eingeführt, nachdem japanische Bekannte dem Filmemacher eine Videokamera geliehen hatten.

Es sei „so much easier to capture images than with my Bolex camera“, urteilt Tahimik im Voice-Over. Offensichtlich beeinflusst vom Genre der „Video-Briefe“ und „-Tagebücher“, die in den 80er Jahren in Videokunst und Experimentalfilm populär wurden, hat Kidlat Tahimik hier seine erste Filmskizze geschaffen und sich von den narrativen Konventionen frei gemacht, die in Turumba und im Parfümierten Alptraum noch eine Rolle spielten.

Takedera mon Amour handelt von einer Reihe von Begegnungen zwischen Kidlat Tahimik und einem japanischen Priester und seiner Familie. Anders als in Japanese Summers of a Filipino Fundoshi werden hier auch problematische Aspekte dieser Art des kulturellen Dialogs nicht ausgespart, wie etwa in einer Sequenz, die die Eröffnung einer vom japanischen Lion's Club gestifteten Grundschule in Kidlat Tahimiks Heimatstadt Baguio zeigt.

Im Mittelpunkt steht Haru-Hito, Sohn der japanischen Gastfamilie, den Kidlat Tahimik über mehrere Jahre beim Aufwachsen begleitet. „To see with a child eyes“ – dieser im Film formulierte Wunsch nach unvermittelten, von keiner Konvention geprägten Bildern ist bei dieser Produktion durchaus wörtlich zu nehmen: ein Teil des Materials wurde von Haru-Hito bei verschiedenen Treffen in Japan und in den Philippinen gedreht. Auch diese Art der „kollektiven Kameraführung“ wird in den folgenden Werken Kidlat Tahimiks eine immer dominantere Rolle spielen.

Wie in Der Parfümierte Alptraum oder Who invented the Yo-Yo? Who invented the Moon Buggy? inszeniert Kidlat Tahimik sich auch hier wieder als kosmopolitischen Mittler zwischen „Erster“ und „Dritter“ Welt einerseits, kulturkritischen Bewahrer von Traditionen andererseits. Er lernt japanische Wörter und Kalligraphie, die er in seine künstlerische Praxis integriert: selbstgemalte Kanji schmücken Papierbahnen, Wände und bei einer Performance auch seinen Oberkörper. Die japanische Methode des kalligraphischen Schreibens wird parallelisiert mit der Führung der Kamera ohne Hilfe eines Stativs, die für seine Methode des Filmens charakteristisch ist.

Die zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten von Bambus stellt der Film in fast enzyklopädischer Vollständigkeit dar: Bambus-Instrumente wie Flöten, Klappern und Rasseln. Matten, Dächer, Taschen, Rucksäcke, Bucheinbände, Bilderrahmen aus geflochtenem Bambus. Bambus als Waffe beim Kendō-Training und als Hürde beim philippinischen Volkstanz „Tinikling“. Bambus-Betten, -Sessel, -Tische, -Bierhumpen. Und schließlich sogar eine traditionelle Bambus-Hütte aus den Philippinen, die Kidlat Tahimik als eine Art umgekehrten Export nach Tokio bringt und damit in die Stadt von High-Tech und Wolkenkratzern, aus der üblicherweise Waren in die Philippinen ausgeführt werden.

Der Versuch, japanischen Bambus im tropischen Klima der Philippinen wachsen zu lassen, gelingt nur einmal, aber trotzdem formuliert Kidlat Tahimik die Hoffnung: „Our kind of bamboo diplomacy can save the world“, bevor am Ende des Films ein durchs Fenster krachender Bambus-Zweig für comic relief sorgt.

Bamboo Kamera: Kidlat Tahimik
Additional Kamera: Robert Yňquez, August Santiago, Shant Verdun, Ono Gihaku and Haruhito Ono,
Assistant Director: Ryuji Ozaki
Graphics: Shant Verdun
Music: Bamboo Music: Boy Garrovillo, Shant Verdun
Bamboo Song: „Kawayan“: Alan del Rosario
Bamboo Performance: Yokota
Bamboo Nose Flute: Katrin de Guia, Kidlat Tahimik
Sound: Ed de Guia
Editing: Kidlat Tahimik
Assistant Editor: Kidlat Gottlieb de Guia,
Many thanks to: Video Gallery Scan, Visual Folklore Inc. Matsushita Elec. Industry, A. K. T. (Amigos of Kidlat in Tokio), Japan Victor Co. (V. I. C.), Kodak Japan LTO, Kaga Tempel, Takedera Staff, Produced by Sunflower Film/Video Collective 1982 – 1989
This bamboo film was made possible through grants from the Japan Foundation and Hoso Bunka.